THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN 
              ZUR LICHTELEKTRISCHEN PHOTOMETRIE
                    von K. GÜSSOW, Jena


    Zusammenfassung: Theoretische Formeln geben die Möglichkeit, mittels 
einiger, der Messung leicht zuganglicher Parameter die Leistungen eines 
lichtelektrischen Photometers abzuschatzen. Es wird eine untere 
Nachweisgrenze definiert, und der Verlauf der Messgenauigkeit in 
Abhängigkeit von der Sternhelligkeit untersucht. Eine weitere Begrenzung 
durch die Helligkeit des Himmelsgrundes wird betrachtet. Zweckmässig 
wählt man den Objektivdurchmesser des Beobachtungsinstruments so, dass 
beide Grenzen übereinstimmen.

    Bei der Erprobung eines lichtelektrischen Photometers ist es zweiffellos 
von Nutzen, von der theoretischen Seite her Hinweise dafür zu besitzen, ob 
das Instrument optimale Leistungen ergibt. Ebenso wird man sich vor dem 
Bau eines solchen Geräts vielfach die Frage beantworten wollen, welche 
Leistungen etwa an einem vorgegebenen Fernrohr erwartet werden 
dürfen.
    Ganz allgemein wird man erwarten, dass man um so geringere Messgenauigkeit 
erzielen wird, je schwacher die Sterne sind, deren Helligkeit 
gemessen werden soll. Wir wollen daher eine Formel ableiten, die den mittleren 
Fehler einer lichtelektrischen Messung als Funktion des Photostromes (und 
einer Anzahl notwendiger Parameter) darstellt.
    Die Messunsicherheit wird hervorgerufen durch eine Überlagerung des 
eigentlichen Signals durch eine Anzahl von Rauscheinflüssen, und hängt eng 
mit dem Verhaltnis "Signal/Rauschen" zusammen. Hat man es nämlich 
mit einer zufälligen Verteilung der Rauschamplituden zu tun, so gilt 
die einfache Beziehung:
                           
               (1)

worin mu den mittleren relativen Fehler, S die Signal- und N die mittlere 
Rauschamplitude bezeichnen. S und N können dabei in beliebigen Einheiten 
gemessen sein. Wir wollen sie uns als Spannungen am Arbeitswiderstand 
einer Photozelle vorstellen.
    Für die Ableitung der gesuchten Formel ist es zweckmässig, eine bestimmte 
Schaltanordnung zugrunde zu legen, ohne dass damit eine Einschrankung 
der Betrachtungen verursacht wird. Analoge Überlegungen wie die 
folgenden gelten für jede Art von Photometern. In Abb. 1 arbeitet eine Photozelle, 
in der der Photostrom J bereits M-fach verstarkt wird, auf eines Widerstand R. 
Die an diesem abfallende Spannung S = R * J * M wird als Signal 
einem Röhrenverstarker zugeführt, an den das eigentliche Messinstrument 
angeschlossen ist. Parallel zu R liegt ein Kondensator C, der mit R zusammen 
den Frequenzgang der Eingangsschaltung bestimmt.
      Am Gitter der Röhre sind vier Rauschanteile wirksam und zwar: 
      1. Spannungsschwankungen infolge Szintillation 
      2.        "       "         "    Schroteffekt der Photokatode
      3.        "       "         "    thermischen Widerstandsrauschens
      4.        "       "         "    Schroteffekt des Gitterstromes.

      Es lässt sick leicht - etwa an Hand numerischer Betrachtungen - einsehen, 
dass für Messungen mit Multipliern (M~ 10^6) nur die zwei ersten 
Rauschanteile von Bedeutung Bind. Mit dem Ansatz

      für Szintillation:            

      für Schrotteffekt der Katode: 


 
                                                            
                                    Abb. 1


erhalt man reach einiger Umformung unter Beachtung von (1):

               (2)

Hierin bedeuten J = Photostrom an der Katode 
                D = Dunkelstrom an der Katode 
                e = Elektronenladung
                f_o = obere Grenzfrequenz der Eingangsschaltung des 
                      Verstärkers. Es gilt der Zusammenhang

                
                            
                alpha = relatives Szintillationsrauschen pro Bandbreite 1 Hz

      Aus Formel (2) erkennt man leicht, dass mu mit abnehmendem J wie 
1/J anwächst. Zweckmässig definiert man eine untere Nachweisgrenze
durch denjenigen Photostrom J_0 für den Szintillationsanteil und Schrotanteil 
in (2) gleichgross sind. Man erhalt sofort:

               (3)

und entsprechend: 

wo mu_0, die Messgenauigkeit an der unteren Nachweisgrenze, noch durch 
geeignete Wahl von tau und damit C beliebig festgelegt werden kann. Allerdings


 

                               Abb. 2


ist zu beachten, dass mit wachsendem tau die Einschwingdauer des Verstärkers 
zunimmt. Bis zur Erreichung von 99.8% des Endausschlages des Messinstruments 
vergehen 2 pi tau sec, so dass die Dauer einer Messung (2 pi + 1) tau sec nicht 
unterschreiten darf!
     Betrachtet man Abb. 2, in der zu jedem Stromwert J der zugehörige 
Messfehler mu in Einheiten von mu_0 aufgetragen ist, so erkennt man, dass sich 
im Bereiche oberhalb J_0 die Messgenauigkeit nur unwesentlich ändert. Für
sehr grosse J erreicht mu/mu_0 den Wert 1/sqrt(2) = 0.707. Unterhalb von J_0 wahchst 
der Messfehler rasch an und zwar um so schneller, je grösser der Dunkelstrom 
des Multipliers ist. Wegen der Proportionalität zwischen Lichtstrom und 
Photostrom wurde letzterer in der Abbildung im astronomischen 
Grössenklassensystem gegeben.

    Gibt man sich die Katodenempfindlichkeit E and den Objektivdurchmesser 
d vor, so kann man aus J_0 sofort die entsprechende Grenzhelligkeit 
m_0 errechnen. Man erhält:

               (4)

 

                        Abb. 3

 

                        Abb. 4


E ist dabei in A/lm, J_0 in A und d in m zu messen. B_0 ist die Beleuchtung 
durch einen Stern 0.0m und beträgt 2.04*10^-6 1 x. Der  Korrektionsfaktor 
F(T) schliesslich bewirkt die Umrechnung von der dem Lumen zugrundeliegenden 
Bezugstemperatur (2360° K) und der Augenempfindlichkeitsfunktion 
auf die Sterntemperatur T und die spektrale Empfindlichkeit der 
Katodenschicht. In Abb. 3 ist der Verlauf von F(T) für eine "mittlere" 
CsSb- Katode angegeben.
     Bedenkt man, dass gemäss (3) in J_0 wiederum die Grössen D und alpha
enthalten sind, so erkennt man die Berechtigung der Darstellung in Abb. 4 
Hier ist m_0 als Funktion von D dargestellt, wobei die Katodenempfindlichkeit 
als Parameter dient. Fest gewählt wurden d = 0.3 m, F(T) = 4.8 entsprechend 
dem Spektraltyp A_0 und alpha = 10^-3 Hz^-1. Dieses Diagramm gibt die 
Möglichkeit, die Brauchbarkeit verschiedener Multiplier für astronomische 
Zwecke zu ermitteln. Trägt man die einzelnen Exemplars gemäss der indivuellen 
Werte von D und E in die Abbildung ein, so erkennt man sofort, mit welchem 
man die grösste Reichweite erzielen kann. Ferner zeigt die Abbildung, dass
es im allgemeinen wenig sinnvoll ist, einen Multiplier, dessen Dunkelstrom 
bereits gering ist, durch Kühlung noch weiter verbessern zu wollen. Man gewinnt 
trotz erheblichen Aufwandes nur wenige Zehntel Grössenklassen, wobei 
noch nicht berücksichtigt ist, dass die Empfindlichkeit vieler CsSb-Schichten 
mit abnehmender Temperatur rasch sinkt. Eine vernünftige Grenze, jenseits 
deren Kühlung nicht mehr angewandt sollte, liegt bei D = e/alpha, bei mittleren 
Szintillationsverhaltnissen also etwa bei D = 10^-16 A, einem Wert der von 
vielen Multipliern z. T. erheblich untersehritten wird.
     Die bisher betrachtete Genauigkeit mu bezieht sich auf die Messung 
von einer scharfen, nicht verrauschten Nullinie aus. In der praktischen 
Anwendung int man aber genötigt, den Himmelshintergrund als Bezugslinie zu 
benutzen, der ebenso wie die Sterne rauscht. Dadurch wird die Messgenauigkeit 
um einen Faktor eta > 1 verschlechtert, für den man etwa ansetzen kann:

               (5)

Darin bedeuten:

           mu = m. F. einer Messung vom Nullpunkt aus 
           eta = Verschlechterungsfaktor
           I* = Intensität des Sternlichtes
           I_H = Intensität des Himmelsgrundes in der Messblende.

mu wurde hier, weil es im ganzen Messbereich nur sehr wenig variiert als 
unabhangig von I angenommen. Löst man (5) nach I*/I_H auf, so erhält man:

               (6)

Wahlt man hierin für eta einen beliebigen festen Wert, so ist der eben noch 
zulassige Unterschied zwischen Sternhelligkeit und Himmelshelligkeit eindeutig 
festgelegt.



      Beträgt die mittlere Auslenkung eines Sternbildes infolge Szintillation
+-sigma", so muss nach den Regeln der Fehlertheorie der Messblendenradius 
mindestens 3 sigma" betragen, damit der Stern praktisch immer in der 
Blende bleibt. Nimmt man eine Himmelshelligkeit an von 22.6m pro []", so 
erhalt man für m_H:
                             m_H = 18.9m - 5 log sigma"
und damit:

               (7)        

      Man kann nun fordern, dass die so bestimmte Grenzhelligkeit der jenigen
entspricht, die sich aus der Betrachtung der Rauschverhältnisse ergeben hat.
Auf these Weise erhalt man aus der Gleichsetzung von (4) und (7) 
eine Bestimmungsgleichung für den optimalen Durchmesser des zu verwendenden 
Instruments:

               (8)

      Sie zeigt, dass es besonders an kleineren Instrumenten notwendig ist, 
ausgesucht gute Multiplier zu verwenden, wahrend bei grossen Instrumenten 
bei sonst gleichen Verhältnissen die untere Nachweisgrenze des Multipliers 
J_0 höher liegen darf, ohne dass Reichweite und Messgenauigkeit darunter 
leiden.